Grammatikalisierung im kindlichen Erstspracherwerb


Naumenko, Elena


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URL: http://ub-madoc.bib.uni-mannheim.de/2965
URN: urn:nbn:de:bsz:180-madoc-29659
Dokumenttyp: Dissertation
Erscheinungsjahr: 2008
Titel einer Zeitschrift oder einer Reihe: None
Verlag: Universität Mannheim
Gutachter: Henn-Memmesheimer, Beate
Datum der mündl. Prüfung: 10 Dezember 2008
Sprache der Veröffentlichung: Deutsch
Einrichtung: Philosophische Fakultät > Germanistische Linguistik (Henn-Memmesheimer 1991-, Em)
Fachgebiet: 400 Sprache, Linguistik
Normierte Schlagwörter (SWD): Spracherwerb , Grammatikalisation
Freie Schlagwörter (Deutsch): Spracherwerb , Erstspracherwerb , Grammatikalisierung , kindliche Sprachentwicklung
Freie Schlagwörter (Englisch): language acquisition , grammaticalization , child's language
Abstract: Sprachbeschreibungsmodelle, die Dynamiken erfassen, sind selten. Spracherwerb ist ein dynamischer Prozess par excellence, der dennoch bisher nur im Rahmen statischer Modelle beschrieben wurde. Ausnahme ist in jüngster Zeit die pragmatisch orientierte Theorie der Konstruktionsgrammatik, die allerdings nur im Zusammenhang mit einzelnen dynamischen Phänomenen verschiedener Sprachen diskutiert, aber noch nicht für größere Fragmente von Einzelsprachen ausformuliert wurde. Theorien der Grammatikalisierung bieten dem gegenüber einen zugleich pragmatischen und systembezogenen Rahmen zur Modellierung von Sprachentwicklung. Die Arbeit exploriert die Reichweite dieser Theorie für die Beschreibung des ontogenetischen Spracherwerbs mit den dazu gehörenden spezifischen Wandelprozessen. Spracherwerb wird gefasst als Wandelprozess von holistischen diskursfunktionalen Einheiten hin zu Syntagmen, die aus Segmenten mit grammatischem Status und grammatischen Funktionen bestehen, und der motiviert ist aus situativen, kontextbezogenen Sprachverwendungen mit der Tendenz zu immer fester werdenden Strukturen, der Fixierung von Positionen, der Zuweisung grammatischer Funktionen an zuvor diskursiv unabhängig verwendete Zeichen. Damit werden bisher nur schlecht fassbare Eigenschaften kindlicher Äußerungen integriert und es eröffnet sich eine Möglichkeit spätere, z.B. mit dem Schrifterwerb einhergehende Umstrukturierungen der Sprachwahrnehmung ebenfalls zu erfassen. Den empirischen Analysen liegt eines der jüngsten Kindersprachekorpora des Leipziger Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie zugrunde, das vollständig aligniert und in Audioversion und Transkription 65 Gigabyte groß ist. Behandelt werden folgende Entwicklungen: • Die Verwendung von „eins“ und „ein“ ausgehend von der isolierten Verwendung (ab 1 Jahr, 11 Monate) bis hin zum Zahlwort, dem pränominal topologisierten Artikel (2 Jahre, 1 Monat) und zum proklitischen, flektierten Artikel (ab 2 Jahre, 2 Monate). • Die Entwicklung des frei verwendeten Deiktikons „der/die/das“ zum Artikel und dann zum proklitischen Artikel. • Die Entwicklung der freien Verwendung von „ab“, „an“, „auf“, „durch“, „mit“ „rauf“, „runter“, „vor“ und „zu“, bis hin zu deren Verwendung als Verbpartikel. • Die Entwicklung des Präpositionengebrauchs an den Beispielen „zu“, „über“, „auf“. • Die Entwicklung von „haben“ und „müssen“ hin zu Hilfs- und Modalverben. Die genannten Beispiele fallen unter Grammatikalisierung ohne Reanalyse. Als Grammatikalisierung mit Reanalyse werden die Fälle beschrieben, in denen diskursiv funktionale Einheiten im Laufe der Entwicklung zerlegt und ihre Elemente dann weiter grammatikalisiert werden: • Z. B.: „kannmanessen“, das anfänglich als Ganzes verwendet wird. • Reanalyse des Gesprächspartikels „noch“, was unterstützt wird durch die gleichzeitige Grammatikalisierung des indefiniten Artikels. • Auflösung der beim Kind sehr häufigen Einheit „Rauchraus“ und anschließender Erwerb eines Verbpräfixes „raus“. • Beispiele für Übergeneralisierungen sind Pluralmorpheme der Substantive und Verben. • Entwicklung der Perfektbildung, wobei sich ein zeitweilig auftretendes Reduplikationsperfekt findet: „runterpfefeffert“, „bebissen“, „wewartet“ etc. • Beispiele für (Re-)Analysen in Form von Übersegmentierung wie „antgewortet“. • Übergeneralisierungen. • Sog. Mehrfachbesetzungen. Gezeigt wird eine konvergente Systematisierung dieser Einzelphänomene.
Übersetzter Titel: Grammaticalization in first language acquisition (Englisch)
Übersetzung des Abstracts: Language acquisition is a dynamic process par excellence that until now, however, was only described within the framework of static models. A recent exception is the pragmatically oriented theory of construction grammar, which was previously discussed only for isolated dynamic phenomena of different languages. By contrast, theories of grammaticalization offer a simultaneously pragmatic and system-oriented framework for modeling language development. The author explores the scope of this theory for describing ontogenetic language acquisition with the specific processes of transformation. Language acquisition is conceived as a process of transformation from holistic, discursively functional units to syntagms with the tendency of fixating positions and assigning grammatical functions to signs previously used freely in discourse. In this way, otherwise elusive characteristics of child statements are integrated, and we can comprehend later – for example, upon learning to write – reorganizations of language perception. The empirical analyses are based on one of the most recent child language corpora from the Max-Planck-Institut for Evolutionary Anthropology in Leipzig, which is completely aligned and whose audio version and transcription comprises 65 gigabytes. The following developments are treated: • The usage of “eins” and “ein”, from isolated usage to numeral, to prenominal topologized article and proclitic inflected article • The development from the freely used deictics “der/die/das” to articles and to their usage as proclitic articles • The development from the free usage of “ab”, “an”, “auf”, “durch”, “mit”, “rauf”, “runter”, “vor” and “zu” to their usage as verb prefixes • The development of preposition usage, with “zu”, “über”, and “auf” as examples • The development of “haben” and “müssen” to auxiliary and modal verbs The examples mentioned fall under “Grammaticalization without Reanalysis”. The following are described as “Grammaticalization with Reanalysis”: • The phasing out of forms such as “kannmanessen” used initially as a whole • The transition to a flexible usage of conversational particles • Differentiation of previously existing morphological over-generalizations • Development of perfect formation, in which a sporadically appearing reduplication form can be found: “runterpfefeffert”, “bebissen”, “wewartet” etc. A convergent systematization of these individual phenomena will be shown. (Englisch)
Zusätzliche Informationen:




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